Schlaganfall und der Einfluss von
Ausdauertraining in der post-akuten Phase
Autor: Philip Hielbig
Physiotherapeut, Leitung Neurologie Unit, Mitgründer Parkinson Netzwerk Rhein-Neckar, Mitglied Arbeitsgruppe „Netzwerke & Versorgung“ der Deutschen Parkinson Gesellschaft (DPG)
Einleitung:
Der Schlaganfall bleibt eine der häufigsten Ursachen für Behinderungen weltweit, insbesondere in älteren Bevölkerungsgruppen. Bei überlebenden Schlaganfallpatienten treten oft motorische, kognitive und emotionale Defizite auf, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall konzentriert sich zunehmend auf neuroplastische Prozesse, wobei das „brain-derived neurotrophic factor“ (BDNF) eine Schlüsselrolle spielt. Studien haben gezeigt, dass Ausdauertraining das BDNF-Level beeinflussen und somit die Erholung unterstützen kann. Dieser Beitrag basiert auf einer systematischen Übersichtsarbeit und untersucht, inwieweit Ausdaueraktivität die peripheren BDNF-Level in der chronischen post-akuten Schlaganfallphase reguliert.
Wissenschaftliche Basis:
Die systematische Übersichtsarbeit wertet sieben Interventionsstudien mit insgesamt 200 Patienten aus. Dabei wurde untersucht, ob einzelne Trainingseinheiten oder langfristiges Ausdauertraining das BDNF-Level bei post-akuten Schlaganfallpatienten erhöhen können. Diese Studien zeigten, dass Ausdaueraktivitäten das Potenzial haben, die Konzentration von BDNF im Blut zu erhöhen, was für die Förderung der Neuroplastizität entscheidend ist.
Schlüsselergebnisse:
Vier der sieben Studien untersuchten die Auswirkungen einer einzigen Ausdaueraktivität auf das BDNF-Level, zwei Studien konzentrierten sich auf langfristiges Training, und eine kombinierte beide Ansätze. Insgesamt deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass moderat bis intensiv ausgeführtes Ausdauertraining über mindestens 20 Minuten eine signifikante Erhöhung des peripheren BDNF hervorrufen kann. Dies korrelierte mit einer verbesserten Gehirnfunktion und gesteigerter synaptischer Plastizität.
Methodische Qualität und Implikationen:
Die methodische Qualität der Studien wurde nach der Physiotherapy Evidence Database (PEDro)-Skala bewertet. Die meisten Studien erreichten eine mittlere Qualität, wobei nur zwei Studien als Evidenz der Stufe 1 eingestuft wurden. Diese Studien stellten die Wirksamkeit von hochintensivem Intervalltraining (HIIT) gegenüber moderater Ausdaueraktivität heraus, insbesondere bei der Steigerung von BDNF und kognitiver Leistungsfähigkeit.
Diese Übersichtsarbeit verdeutlicht, dass regelmäßiges Ausdauertraining eine vielversprechende nicht-pharmakologische Intervention zur Verbesserung der neuronalen Erholung nach einem Schlaganfall darstellt. Allerdings gibt es noch erhebliche methodische Lücken. Zukünftige Studien sollten umfassendere Follow-up-Untersuchungen einbeziehen, um langfristige Effekte zu erfassen. Zudem sollte der Einfluss von Begleiterkrankungen wie Diabetes und Depression auf das BDNF-Level weiter untersucht werden, um personalisierte Trainingsprotokolle entwickeln zu können.
Die Förderung von Neuroplastizität durch Ausdauertraining ist ein vielversprechender Ansatz in der Schlaganfallrehabilitation. Die Ergebnisse legen nahe, dass ein gezieltes und strukturiertes Training zur Erhöhung des peripheren BDNF beitragen kann, was letztendlich die kognitive und motorische Erholung nach einem Schlaganfall unterstützen könnte. Zukünftige Forschung wird dazu beitragen, die optimalen Trainingsintensitäten und -dauern weiter zu spezifizieren.
Quellen:
*Für weitere Informationen und Unterstützung wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder einen spezialisierten Physiotherapeuten.